Der Prozess

Anhand eines Beispiels kannst Du Dir ein Bild über die verschiedenen Arten der Fertigung einer Puppe machen. Das individuelle Design entsteht im Dialog mit dem Auftraggebendem und führt zur Festsetzung von Dauer und Kosten der Arbeit. Für die Fertigung werden vorwiegende recycelte Materialen verwendet und die Designerin hält ihren Fundus gut bestückt; sollten aber zusätzliche Kosten durch Einkauf entstehen wird dies vorab kommuniziert. Dann geht es an die Arbeit.

Marie AntoiNOT stellt ein aufwendiges Projekt mit Focus auf der historische Kleidung des Rokoko dar. Die Kleidungsstücke werden einzeln fertig gestellt und sind ausziehbar, um die darunter liegenden Schichten sichtbar zu machen. Die Techniken und die Liebe zum Detail sind dabei auf andere historische Epochen, Kostüm- und Fantasydesigns übertragbar, wobei in den meisten Fällen die einzelne Fertigung der Schichten nicht notwendig ist, wenn die Puppe nicht ausziehbar sein muss (was sich auf Zeit und Kosten auswirkt).

Am Anfang steht die Festlegung der Größe und die Auswahl des “Rückgrats”. Esstäbchen, Spieße und Rundhölzer eignen sich durch ihre Verfügbarkeit und Verarbeitung besonders gut. Um das Rückgrat herum wird der Körper gefertigt und der Stab dient am Ende zur Aufstellung. Draht für die Extremitäten sorgt für Beweglichkeit und ermöglicht lebensechte Posen.

Füllmaterial wie Wolle, Decken oder Handtücher wird um das Rückgrat und Draht gewickelt und mit lockeren Stichen befestigt. Es geht dabei voranging um den Aufbau von Volumen.

Entsprechend dem Design wird ein “hautfarbener” Stoff, meist Leinen oder Baumwolle, um den Körper drapiert und festgenäht. Diese Schicht gibt der Puppe ihre Form.

Es gibt verschiedene Möglichkeiten die Hände und Füße abzuschließen; Einfaches Umschlagen, Schlaufen, “realistische” Hände oder Krallen. Hände sind sehr zeitaufwendig und für die meisten Gelegenheiten reicht eine verdickte Stelle an der mit Stecknadeln oder Faden Gegenstände befestigt werden können; so gehen Fächer, Schwert und Zauberstab nicht verloren.

Die historische Unterwäsche besteht aus Strümpfen und einem Leibhemd. Bestickte Tischtücher und Gardienen mit Spitze aus dem Secondhand Laden eignen sich besonders dafür.

Bevor Walbein oder Stahl für Korsetts gängig wurde wurden vorrangig pflanzliche Materialen wie Schilf, Hasel oder Reet zur Stabilisierung verwendet. Hier waren dünne Stäbe aus einer Platzdecke zur Hand.

Für die Paniers zur Formgebung der Röcke wurde von der historischen Konstruktion abgewichen. Die ungebrauchten Brusteinlagen aus einem Bikini sind gerundet und lassen sich leicht in die richtige Form bringen und mit dekorativem Stoff beziehen.

Die Unterkonstruktion ist fertig und der nächste Schritt ist Unterröcke.

Der Unterrock ist aus einem Tischtuch aus einem Leinen-Polyester Mischgewebe und sehr steif, was hilfreich ist bei der Formgebung.

Über die Unterkonstruktion kann jetzt das Design geplant werden. Ich plane mit dem Futterstoff und übertrage das Schnittmuster dann auf den Oberstoff.

Die Innenseite der Robe mit der Taillennaht unfertig. Der Oberstoff franst schon durch bloßes Ansehen aus.

Die Konstruktion der Röcke und Robe ist fertig, nun geht es an die Planung der Dekoration: Rüschen, Schleifen, Bänder und Blumen fanden im Rokoko Verwendung im Überfluss.

Nach vielen Stunden Kleinstarbeit sind die Schleifen, Rüschen und Spitze befestigt.

Ohne Schmucke kann man sich bei Hofe ja nicht sehen lassen, also wird der bereit gestellt bevor die Haare im Weg sind. Für den Schmuck verwende ich kaputten Modeschmuck, gerissene Ketten und abgelegte Armbänder.

Für die Haare wird Wolle in doppelter Haarlänge geschnitten und in Schlaufen gelegt. 2-3 Schlafen werden jeweils mit 2 Stichen am Stoff befestigt. In diesem Fall wird der ganze Puppenkopf gefüllt - weniger aufwendig ist es, die Wolle nur am Ansatz zu befestigen und den Kopf mit den heruntergelassenen Haaren zu bedecken (siehe Pastelf Rohling). Bei der Wahl der Haarverteilung muss bedacht werden welche Frisur oder Kopfbedeckung am Ende getragen wird.

Der unfrisierte Haarschopf der Königin - die weiße und grüne Wolle imitiert die gepuderten und gefärbten Haarteile und Perücken der historischen Epoche.

Fortsetzung folgt!